Dominique Roques
„Der Duft ist die natürliche Belohnung für harte Arbeit.“
Zur Person
Dominique Roques (geboren 1952 in Paris) besaß bereits als Kind eine Leidenschaft für Bäume und Pflanzen. Nach einem Studium der Betriebswirtschaft landete er als „Duftscout“ in der Parfümindustrie, um die feinsten und exklusivsten Rohstoffe für Dufthersteller ausfindig zu machen. Seine Kenntnisse über Produktionsprozesse und Qualität der Rohstoffe machten ihn zu einem gefragten Experten in der Parfümindustrie. Für eine Schweizer Firma kümmert er sich um den weltweiten Einkauf wertvoller natürlicher Essenzen. Zu seinen Kernaufgaben gehört die Koordination zwischen lokalen Landwirten und den sogenannten „Nez“ – diese „Nasen“ sind Menschen, die sich schöpferisch mit dem Zusammenspiel sowie der Erschaffung von Düften befassen – oftmals im Auftrag großer Firmen, für die sie Düfte kreieren, die dem Markenimage entsprechen und Begehrlichkeiten der Käufer wecken sollen.
4. Februar 2022, Paris. Dominique Roques sitzt im ersten Stock des Café de Flore in Saint-Germain-des-Prés, 6. Arrondissement. Früher haben es sich hier Sartre, de Beauvoir, Giacometti und viele andere Literaten und Künstler bequem gemacht, angeregte Gespräche geführt und Zukunftsvisionen entworfen. Benannt ist das Café nach der Göttin Flora, die bei Ovid wahrhaft blumige Worte äußerte: „Und während sie sprach, hauchte sie Frühlingsrosen aus ihrem Munde.“ Der Ort bietet also das perfekte Setting für ein Gespräch mit dem Duftstoffeinkäufer und Buchautor Roques, dem Parfüms ebenso vertraut sind wie die Düfte und Poesien der von ihm bereisten Länder.
Monsieur Roques, Düfte und Aromen sind mit Erinnerungen verbunden. Man spricht vom Proust-Effekt, weil für den Schriftsteller Marcel Proust der Geschmack einer in Tee getunkten Madeleine Erinnerungen an seine Kindheit weckte. Welchen Duft verbinden Sie mit Ihrer Kindheit?
Mein damaliges Universum war geprägt vom Wald. Wir lebten ganz in der Nähe eines Waldes und das Besondere daran ist, dass man Blumen riechen kann, Holz, aber auch Humus. Diese Mischung aus Maiglöckchen, Humus und Pilzen ist ein typischer Duft meiner Kindheit. Auch Sägespäne und Holzkohle gehören dazu, da es viele Holzarbeiter in meiner Heimat gab.
Ihre Mutter nutzte das Parfüm „Diorissimo“, es duftet nach Maiglöckchen. Woran erinnern Sie sich stärker, an natürliche Maiglöckchen oder das Parfüm?
„Diorissimo“ ruft unweigerlich die Erinnerungen an echte Maiglöckchen hervor – und Maiglöckchen erinnern mich an „Diorissimo“. Es ist schon ein außergewöhnlicher Erfolg, dass dieses Parfüm so sehr mit einer Blume assoziiert wird, obwohl es sich streng genommen um eine Rekonstitution des natürlichen Duftes handelt. Ich genoss beides gleichermaßen: den natürlichen Duft und das Parfüm meiner Mutter. (überlegt) Wenn ich länger darüber nachdenke, dann erinnere ich mich aber tatsächlich zuerst an das Parfüm – einen Duft, den ich dann später in der Natur wiedergefunden habe.