
Danny Boyle
„In meinen Filmen wird gespielt.“
Zur Person
Daniel „Danny“ Boyle wurde am 20.10.1956 in Radcliffe, England, geboren. Seine Karriere begann er als Regisseur im Londoner Theaterhaus der Joint Stock Theatre Company. Ende der 1980er wandte er sich dem Fernsehen zu und wirkte bei verschiedenen Serien als Regisseur und Produzent mit. Mit zwei langjährigen Freunden, dem Produzenten Andrew Macdonald und dem Drehbuchautor John Hodge, verfilmte er 1994 die schwarze Komödie „Kleine Morde unter Freunden“. Darauf folgte „Trainspotting – Neue Helden“, einer der kommerziell erfolgreichsten britischen Filme der 90er-Jahre. Weniger Erfolg hatte er mit seinen ersten US-Produktionen „Lebe lieber ungewöhnlich“ und „The Beach“ mit Leonardo Di Caprio, konnte aber dann 2002 mit dem Zombiefilm „28 Days Later“ wieder Erfolge feiern. Der bisherige Höhepunkt seiner Karriere war „Slumdog Millionär“, der 2009 als bester Film mit dem Oscar ausgezeichnet wurde und Boyle die Statuette für den besten Regisseur einbrachte. Darauf folgten das Überlebensdrama „127 Hours“ und der Hypnose-Thriller „Trance – Gefährliche Erinnerung“, der 2013 bei der Kritik auf weitgehend positive Resonanz stieß, aber an der Kasse floppte. Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele 2012 in London fungierte Boyle als Produzent und künstlerischer Leiter.
20.09.2013, London, Soho Hotel. Regisseur Danny Boyle mag 57 sein, wirkt aber eher wie ein energischer Junge. Mit großen Augen strahlt er seinen Gegenüber an und spricht so leidenschaftlich, dass er immer wieder seine Sätze abbricht und neu ansetzen muss.
Mr. Boyle: Wenn Sie einen Film auf eine einsame Insel mitnehmen könnten, welcher wäre das?
Danny Boyle: Eindeutig „Apocalypse Now“. Wenn Klassiker neu herausgebracht oder kommentiert werden, dann sagen die Leute meistens: „Sogar nach 25 oder 30 Jahren hat er sich gut gehalten.“ Aber ein „Apocalypse Now“ braucht das nicht. Er ist eindeutig der größte Actionfilm aller Zeiten, obwohl heutzutage für Actionfilme eine viel modernere Technologie eingesetzt wird. Und er erfüllt die Regeln des Genres idealtypisch, denn im Endeffekt geht es um eine Reise, wodurch automatisch Dynamik entsteht. Wenn diese Reise zwischendurch stoppt, dann geschieht etwas Bizarres oder Haarsträubendes, und dann geht es weiter. Wobei ich den längeren ‚Director’s Cut’ noch lieber mag. Ich bin so von dem Film fasziniert, dass ich immer noch mehr davon vertragen kann.
In Ihren Filmen findet sich nicht unbedingt der epische Atem eines „Apocalypse Now“. Welche Regisseure haben Sie am meisten geprägt?
Das war eindeutig Nicolas Roeg. Und zwar insbesondere seine Filme zwischen 1970 und 1983, darunter „Wenn die Gondeln Trauer tragen“, „Der Mann, der vom Himmel fiel“ bis zu „Eureka“, mit dem er seine Karriere im Mainstream beendete. Ich finde Roeg erstaunlich, denn obwohl er eben im Mainstream drehte, war er ein völlig eigensinniger Bildertürmer. Er hat keinen seiner Filme geschrieben, sondern immer mit Autoren gearbeitet, aber trotzdem kannst du sie binnen einer Sekunde erkennen: „Das ist ein Nic Roeg Film.“ Der Schnitt seiner Filme ist sehr komplex und so effektvoll, dass er nicht für die breite Masse taugt, aber gleichzeitig setzte er große Stars aus anderen Bereichen ein – David Bowie oder Art Garfunkel – und auf diese Weise gelingt es ihm, die Aufmerksamkeit des Publikums zu wecken.