Chris Cramer
„Ich finde, dass ein Nachrichtensender ein Recht darauf hat, Menschen zu schockieren.“
Zur Person
Chris Cramer wurde am 03.01.1948 in Portsmouth geboren, wo er nach dem Schulabschluss das Highbury College of Journalism besuchte. Er schrieb für die Portsmouth News, bevor er 1970 zur BBC wechselte und sich dort bis zum internationalen Nachrichtenchef hocharbeitete. Seit 1996 ist Cramer bei CNN tätig, wo er erst das Konzept der 24-Stunden Nachrichten vorantrieb und sich aktuell mit der Regionalisierung des Programmschemas beschäftigt. Er wurde 1980 beim Überfall auf die iranische Botschaft in London in Geiselhaft genommen und ist heute Präsident des International News Safety Institute, das sich für gefährdete Reporter einsetzt. Cramer lebt mit seiner Frau in Atlanta.
30.05.2006, London. Im europäischen Headquarter von CNN, den Erfindern der 24-Stunden-Nachrichten, wartet Chris Cramer. Der internationale Chef des Senders, ein Brite vom Scheitel bis zur Sohle, erklärt die Welt globaler Information – und ist absolut überzeugt davon, dass man ihr auch weiter Glauben schenken sollte.
Mr. Cramer, stimmen Sie zu, dass eine gute Nachricht so objektiv wie möglich sein sollte?
News sollten immer unparteiisch, objektiv und universal sein, so weit das möglich ist. Kein Dreh, keine Sichtweise, keine Hintergedanken.
Haben Sie nicht auch den Eindruck, dass mit der Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit von Nachrichten heute laxer umgegangen wird als vor beispielsweise 20 Jahren?
Ich bin ein wenig bestürzt, dass Sie das so sehen, denn es entspricht absolut nicht meiner Auffassung. Nächste Woche feiere ich meinen 41. Jahrestag im Journalismus, und in diesem Zeitraum habe ich alle Formen der Nachrichtenübermittlung kennen gelernt: Tageszeitungen, Monatsmagazine, Radio, TV. Dazu kommen viele Jahre im journalistischen Management. Diese Zeit hat mich davon überzeugt, dass der journalistische Beruf heute um vieles besser, pointierter und zuverlässiger ausgeübt wird als in der Vergangenheit. Journalisten waren früher entschieden fauler, allein schon, weil es deutlich weniger Konkurrenz gab und die Deadlines sehr viel mehr Spielraum ließen.