
Charles Pasi
„Küsschen, Küsschen, und das Leben geht weiter“
Zur Person
Charles Pasi (geboren am 08.02.84 als Sohn eines Italieners und einer Französin) hatte seinen ersten Auftritt im Alter von 17 Jahren in einem Gospelchor. Er studierte unter anderem an der Louis Jazz School in Rom und der Pariser Jazzschule Centre d'informations musicales (CIM). Seitdem ist Pasi eine feste Größe bei Jazz- und Blues-Festivals und ging etwa mit Carla Bruni und Neil Young auf Tournee. 2007 war der virtuose Mundharmonikaspieler als „Mann mit der Mundharmonika“ im französischen Spielfilm „Actrices“ zu sehen. 2015 unterzeichnete er als erster französischer Sänger einen Plattenvertrag mit dem renommierten US-amerikanischen Label Blue Note. Charles Pasi lebt in Paris.
Zerzaustes Haar, sinnliche Gesichtszüge, warme Augen, in denen die Neugier auf das Leben blitzt: Äußerlich erinnert Charles Pasi ein wenig an den jungen Adriano Celentano. In seiner urigen Pariser Dachgeschosswohnung mit Blick auf den Jardin du Luxembourg erzählt der Italo-Franzose von seinem neuen Album „Adamas“. Aus geplanten 25 Gesprächsminuten werden 75. Der Sänger, Gitarrist und Mundharmonika-Virtuose vibriert mit samtiger Intensität, fernab alles Gewöhnlichen – genau wie seine Musik.
Adamas war ein Kämpfer im Trojanischen Krieg. Der Name kommt aus dem Altgriechischen, bedeutet „unzerstörbar“ und bildet die Wurzel des Wortes „Diamant“. Wie kam es zu diesem Albumtitel?
Ich habe einen Doppelabschluss in Gemmologie, Edelsteinkunde. Der Diamant ist ein Stein, der extrem schwer zu schleifen ist, weshalb man ihn den Unbezwingbaren nennt. Mein Album würdigt zwei besondere Menschen: meinen Vater und meinen Manager, die ungefähr zur selben Zeit vor zwei Jahren verstorben sind. Einen Song auf dem Album habe ich außerdem einer engen Freundin gewidmet, die seit einem schweren Verkehrsunfall querschnittsgelähmt ist und trotzdem über eine unglaubliche Lebenskraft verfügt. Alle drei sind in meinen Augen unbezwingbar, so stark wie Diamanten. Dieser Gedanke hat mein Gemmologenherz erfreut.
Den Song „Nino, Cielo e Terra“ haben Sie Ihrem Vater gewidmet. Er beginnt mit den Worten „Ein Sommerabend. Auf dem Tisch steht noch ein Teller …“
Ich beschreibe eine einfache Szene, den letzten gemeinsamen Augenblick mit meinem Vater. Wir wollten mit meiner Schwester und ihrem damals dreijährigen Sohn zu Abend essen. Kaum hatten wir uns an den Tisch gesetzt, stand mein Vater abrupt auf und verließ das Zimmer. Er gab uns nur kurz ein Zeichen, nach dem Motto „Wir sprechen uns später“, und verschwand. Im Nachhinein wissen wir, dass ein Aneurysma geplatzt war. Er muss es gespürt haben und wollte uns wohl nicht beunruhigen, also fuhr er schnell ins Krankenhaus. Aber leider hat er es nicht geschafft. Und am Ende dieses Abends stand da immer noch dieser Teller auf dem Tisch, der meines Vaters, voller Nudeln. Ich dachte an den letzten Blick, den er uns zugeworfen hatte, und die Frage, mit der er uns zurückgelassen hatte: „Wo gehst du hin?“ Ich wollte nicht in die Falle tappen, eine Hommage oder etwas Zeremonielles für meinen Vater zu schreiben. Man tendiert vielleicht dazu, einen geliebten Menschen überhöhen zu wollen, mit viel Affekt über ihn zu sprechen, aber das ist nicht unbedingt ein gutes Mittel, um wirklich das auszudrücken, was man fühlt. Ich wollte also nicht zu viel beschreiben, sondern die Umrisse dieser simplen letzten Szene zeichnen. Das beste Kompliment, das man mir machen kann, ist tatsächlich, dass man von dem Song berührt ist.