
Bret Easton Ellis
„Was ich über mich weiß, ist beängstigend.“
Zur Person
Bret Easton Ellis wird 1964 in Los Angeles geboren; als Schüler besucht er die prestigeträchtige Buckley School. Gleich sein erster Roman „Unter Null“, der noch zu College-Zeiten entsteht, macht ihn 1985 zum Bestseller-Autor. Darin beschreibt Ellis eine privilegierte, aber richtungslose kalifornische Jugend, deren Beschreibung auch autobiografische Züge trägt. Sein dritter Roman „American Psycho“ (1991) wird aufgrund plastischer Gewaltdarstellungen zum Skandal; Sex, Exzess und Popkultur bleiben aber auch im Anschluss die Lieblingsthemen des Autors. Seine eigene Sexualität ist lange Zeit Gegenstand von Spekulationen: Nachdem er sich über Jahre als bisexuell identifiziert hat, lebt Ellis seit 2012 offen schwul. „The Shards“ ist sein erster Roman seit 13 Jahren.
19.03.2006, im ICE-Bordrestaurant zwischen Leipzig und Erlangen. Bret Easton Ellis, in Jogginghose und stark verschnupft, wirkt unsicher. Sein Händedruck ist schlaff, die Gesichtshaut ein blasses Rosa. Man wird den Eindruck nicht los, er fühle sich von etwas verfolgt.
Mr. Ellis, haben Sie eine Ahnung, was der Grund dafür sein könnte, dass wir dieses Gespräch ausgerechnet in einem fahrenden Zug führen?
Bret Easton Ellis: Nein, keinen Schimmer. Man sagte mir, Sie bräuchten mehr Zeit als ich üblicherweise für Interviews zur Verfügung habe. (schaut sich um) Gibt es noch einen Grund?
Zumindest eine interessante Koinzidenz: Ein Hotelzimmer wäre gewissermaßen statisch, während ein Transportmittel für Bewegung und Veränderung steht. Was wiederum eine Analogie zum Prozess des Alterns bildet, über den ich mit Ihnen reden wollte.
Ja, das kann ich nachvollziehen. (überlegt) Ich denke nämlich viel über diese Zusammenhänge nach. Genauer: Ich befinde mich derzeit in meiner Midlife-Crisis. Seit beinahe zwei Jahren. Und ich sage Ihnen, das ist kein Spaß. Ich bin jenseits der 40 und mache mir unablässig Gedanken darüber, was mir noch bleibt. Über den Tod, das Unvermeidbare.