
Bodo Wartke
„Wir werden alle sterben, aber der Weg bis dahin ist gestaltbar.“
Zur Person
Bodo Wartke (geboren am 21. Mai 1977 in Hamburg) brach sein Physikstudium in Berlin nach zwei Semestern ab und studierte stattdessen Musik auf Lehramt an der Universität der Künste (früher: Hochschule der Künste). In Berlin lebt er auch heute noch. Seine Lieder handeln von Liebeskummer und skurrilen Alltäglichkeiten, er selbst nennt seine Kunst „Klavierkabarett in Reimkultur“. Aber auch mit ernsten gesellschaftlichen Themen wie Klimaschutz und Fundamentalismus setzt er sich auseinander, zum Beispiel unterstützte er den Klimastreik von „Fridays For Future“, indem sein Büro am 20.9. ebenfalls die Arbeit niederlegte. Bodo Wartke ist regelmäßig mit verschiedenen Programmen in Deutschland unterwegs.
09. Oktober 2019, Berlin. Morgens in einem Café in Kreuzberg. Bodo Wartke hat schlecht geschlafen. Das sei vor Interviewterminen häufiger der Fall, sagt er. Angespannt sei er da manchmal. Vor Auftritten dagegen kaum. „Lampenfieber kenne ich nicht“, so der Klavierkabarettist. Und schon sind wir mitten im Thema: Es geht um seine Musik und die Zeitlosigkeit von Sophokles, um das Scheitern und das Problem der Skeptiker. Wartke wirkt konzentriert und nimmt sich Zeit für seine Antworten. Es arbeitet in ihm, ab und zu kommt er auf bereits angesprochene Themen zurück, zu denen ihm noch etwas eingefallen ist. Er spricht, wie er singt: mal unterhaltsam, mal nachdenklich, gerne mal um die Ecke gedacht.
Herr Wartke, fühlen Sie sich uneingeschränkt wohl auf der Bühne?
Auf jeden Fall. Die Bühne ist für mich Komfortzone. Ich finde es ganz wichtig, dass dort auch Fehler passieren dürfen, denn diese machen einen Auftritt ja erst lebendig. Mein Schauspiellehrer, bei dem ich vor Jahren in Paris Unterricht genommen habe, hat immer gesagt: „Schlechtsein ist der Normalzustand.“ Das muss man erst einmal zulassen. Wer das aber nicht tut, bekommt zwangsläufig Lampenfieber – das ja für nichts weiter steht als für die Angst vorm Scheitern. Und ich finde, diese Angst ist gerade in Deutschland weit verbreitet.
Warum ist das so?
Was fehlt, ist eine gute Fehlerkultur. Dabei scheitern wir doch oft genug, ob im Alltag oder auf der Bühne. Wir könnten diese Kultur also häufig einüben. Aber sobald ich mich fürs Scheitern verurteile, nehme ich mir alle Freiheiten. Bezogen auf die Bühne nehme ich dem Publikum die Möglichkeit, mitzufühlen und Nähe zu empfinden. Denn Fehler machen wir ja alle. Manche dieser Fehler erlauben es mir sogar, eine Komik daraus zu entwickeln. Im Kontakt mit dem Publikum baue ich manchmal neue Texte in meine Lieder ein und spinne einen Gedanken weiter, der aus einem Fehler resultierte. Wenn es sich dann auch noch reimt, umso besser. Dann haben wir alle eine gute Zeit zusammen.