Bernd Senf

Bernd Senf

„Der sogenannte Mainstream ist mit seinen Weisheiten am Ende.“

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13.05.2014, Berlin-Spandau. Der Wirtschafts-Querdenker Bernd Senf holt uns am Bahnhof ab – offen, unkompliziert, entspannt. Kurz darauf sitzen wir bei ihm im Wohnzimmer mit Blick auf die Havel. Der emeritierte Professor für Volkswirtschaftslehre legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die verständliche Vermittlung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. En passant klärt er eine ganze Reihe von historisch bedeutsamen Zusammenhängen und problematischen Grundmustern, die sich ebenso in unser Gemeinwohl wie in die Psyche des einzelnen geschlichen haben.

Professor Senf, gleich zu Beginn die entscheidende Frage: Warum ist Selbstorganisation wichtig?

Berd Senf: Weil sie die Grundlage lebendiger Prozesse ist, im Menschen, in der Natur, sogar im Kosmos. Auch die Erde ist ein lebendiger Organismus. Wenn man das mechanistische Weltbild erweitert, dann ergibt sich immer deutlicher, dass Selbstorganisation ein universelles Prinzip ist. Das Lebendige bewegt sich aus sich heraus, ohne äußeren Anstoß oder Antrieb. Das ist das Wesensmerkmal dieses universellen Prinzips.

Würden Sie Selbstorganisation mit Kreativität gleichsetzen?

Kreativität ist eine Erscheinungsform dieses Prinzips. Das Lebendige will sich äußern und der bewegende Antrieb kommt von innen. Früher habe ich gesagt: Das Lebendige verschafft sich Ausdruck. Aber das ist ein verkehrter Begriff, denn da wird nichts gedrückt, es geschieht. Wenn dem Lebendigen in seiner Entfaltung Raum gegeben wird, dann hat es die Möglichkeit, sich zu äußern, sich zu entfalten. Das Erstaunliche ist, dass dieses Prinzip in unserer Gesellschaft lange Zeit weitgehend verschüttet und zerstört gewesen ist. Schon in der Kindererziehung gibt es dieses „ziehen“, da ist viel Druck drin. In der Schule, in der Uni, im Arbeitsprozess – überall gibt es äußeren Druck: Leistungsdruck, Prüfungsdruck und so weiter. Unter Druck und unter „ziehen“ kann man einen lebendigen Organismus auch bewegen. Allerdings in andere Richtungen, als er sich aus sich heraus bewegen würde. Die Konsequenzen dieses äußeren Drucks sind auf Dauer nicht nur problematisch, sondern destruktiv.

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