Benjamin von Stuckrad-Barre
„Bitte immer schämen. Das ist genau richtig.“
Zur Person
Benjamin von Stuckrad-Barre (geboren am 27. Januar 1975 in Bremen) ist der jüngste Sohn in einer Pastorenfamilie. Nach abgebrochenem Germanistikstudium wurde er Redakteur beim Musikmagazin „Rolling Stone“. Über einen Umweg als Produktmanager eines Plattenlabels war er anschließend als einer der Gag-Autoren der Harald-Schmidt-Show tätig. 1998 erschien sein autofiktionaler Debütroman „Soloalbum“, der ihn zu einem Star der Pop-Literatur-Szene machte, dem man sowohl auf MTV als auch in sämtlichen Magazinen begegnete. Über seine Alkohol- und Drogensucht drehte die Filmemacherin Herlinde Koelbl die Doku „Rausch und Ruhm“. 2003 wurde auch „Soloalbum“ verfilmt. Seit 2008 schreibt Stuckrad-Barre exklusiv für die Zeitungen des Axel Springer Verlags. 2012 kam die Filmkomödie „Zettl“ ins Kino, die Stuckrad-Barre gemeinsam mit seinem Freund Helmut Dietl geschrieben hatte. Über seinen Koks-Entzug sowie seine Freundschaft zu Udo Lindenberg schrieb er 2016 den Roman „Panikherz“. Er hat einen Sohn und lebt alleine in Berlin.
Einen Piloten zu drehen kennt sie – dieses Mal ist es für Sarah Kuttner ein Magazin-Pilot. Ihr Wunsch-Interviewpartner: Benjamin von Stuckrad-Barre. So trifft man sich am 28.08.2005 bei herrlicher Sonne in Zürich. Nach dem zweistündigen Gespräch führt er Interviewerin und begleitenden Redakteur durch die Innenstadt. Eis essen, Menschen gucken, Menschen beschenken. Natürlich endet der Tag am See.
Benjamin, vor zwei Jahren kam meine beste Freundin sehr entrüstet zu mir und erzählte: „Ich war in einer Karaoke-Bar, und Benjamin von Stuckrad-Barre hat mich total angegraben.“ Was zum Teufel suchst du in einer Karaoke-Bar?
Benjamin von Stuckrad-Barre: Offenbar anderes als deine Freundin. Was die unter total angraben versteht, würde mich schon interessieren, da ich nie sexistisch bin und es nie war. Es gibt doch Beleidigenderes als angestaunt oder auf ein Getränk eingeladen zu werden, und das sind auch schon die extremsten Arten, mittels derer ich versuchen würde, mich einem mir unbekannten Menschen zu nähern. Andere Möglichkeit: Sie hat die Darbietung eines Liebeslieds und die dazugehörigen Blicke und Gesten missinterpretiert. Das hieße dann, dass ich sehr überzeugend gesungen habe.
Du bist also eher der Sänger. Ich gehe auch unglaublich gern in Karaoke-Bars, aber nur zum Gucken. Ich will aber festhalten, dass ich voller Liebe für die Singenden bin, und keine verächtliche Guckerin.
Wie angenehm – ich wäre dann so jemand, für den du voller Liebe bist, denn ich singe irrsinnig gern. Bei Liedern, die man mag, klappt es lustigerweise oft nicht so gut. Was hingegen verblüffend gut funktioniert, sind Lieder, von denen man gar nicht wusste, dass man sie kennt – so bin ich immer wieder in Beweisnot, Menschen, die ihn nur aus dem Radio kennen zu versichern, wirklich nicht Ronan Keating zu sein. Gern wähle ich auch „Lemon Tree“ von Fool’s Garden: Da kann man am Anfang immer so herrlich ein Glas fallen lassen und keiner merkt es, weil das auch in dem Lied vorkommt. Probiere ich mich aber an Falco, einem meiner größten Helden, finden viele, nun sei es aber auch mal Zeit zu gehen. Lediglich „Angels“ von Robbie Williams ist Hymne und Karaoke-Heimspiel zugleich für mich. Das sitzt! Vielleicht war das deiner Freundin damals zu romantisch. Was hat die denn noch so erzählt?