Anton Corbijn
„Einsamkeit hat eine romantische Note. Deswegen funktioniert sie auch so gut in Filmen.“
Zur Person
Anton Corbijn wurde am 20. Mai 1955 als Sohn des Pfarrers von Strijen in den Niederlanden geboren. Im Alter von neunzehn Jahren wurde er freier Fotograf. Das erste Foto, das von ihm in einem Musikmagazin abgedruckt wurde, stammt vom Auftritt der Band Evolution auf dem „Grote Markt“ in Groningen. Viele Größen aus der Rock- und Popszene standen vor seiner Kamera, von Tom Waits über die Rolling Stones bis U2, von Bon Jovi bis Frank Sinatra, von Bryan Adams bis Luciano Pavarotti und nicht zuletzt Joy Division, über deren Sänger Ian Curtis er 2007 seinen ersten Spielfilm „Control“ drehte. Zuletzt war im Kino seine John-le-Carré-Adaption „A Most Wanted Man“ zu sehen.
25.08.2015, Berlin. Der Fotograf und Filmemacher Anton Corbijn absolviert die Fotosession im plüschigen Berliner Hotelzimmer geduldig. Eigentlich fühlt er sich, das ist bekannt, im Fokus nicht wohl. Er sagt: „Ich stehe lieber auf der anderen Seite des Objektivs“. Es ist noch früh am Morgen, 10 Uhr, eigentlich keine Künstlerzeit. Vielleicht liegt es daran, dass Corbijn gelegentlich etwas müde wirkt. Zwischendurch allerdings blüht er immer wieder auf, ganz nach Interessenlage. Nach Berlin gekommen ist er, um seinen jüngsten Film „Life“ über die Begegnung zwischen dem Fotografen Dennis Stock und der Leinwandikone James Dean zu promoten. Parallelen zu seinem eigenen Leben und Schaffen drängen sich auf.
Herr Corbijn, man sagt, ein Foto habe die Macht, Menschen überlebensgroß erscheinen zu lassen. In Ihrem neuen Film „Life“ geht es unter anderem auch um ein solches Foto.
Anton Corbijn: Wir haben im Film eines der ikonografischsten Bilder des vergangenen Jahrhunderts nachgespielt: die Aufnahme, wie James Dean über den Times Square läuft, die Zigarette im Mund, den Mantelkragen hochgeschlagen. Es ist interessant, sich vorzustellen, wie dieses Bild entstanden ist, das so berühmt wurde und als Poster in den Jugendzimmern von Menschen auf der ganzen Welt hing. Ich habe die Kontaktabzüge gesehen, es war nur ein kurzer Moment, in dem ein paar Bilder geschossen wurden, das war’s.
Die Szene ereignet sich in Ihrem Film eher nebenbei.
Die Produzenten sagten mir, ich solle den Moment größer machen, es sei schließlich ein so bedeutendes Foto. Ich entgegnete, nach meiner Erfahrung als Fotograf spiele sich das aber nicht so ab. Wenn man ein Bild macht, das später berühmt wird, merkt man das nicht unbedingt in dem Moment. Aber Menschen, die keine professionellen Fotografen sind, denken, man macht so eine Aufnahme und jubelt: „Ich hab’s! Fantastisch!“ Die Zeit, die Geschichte, vieles hat einen Einfluss darauf, welche Bilder in den Köpfen der Menschen bleiben.