Alexander Krützfeldt
„Das Deep Web zu kriminalisieren ist ungefähr so, als würde man den Meeresboden kriminalisieren.“
Zur Person
Alexander Krützfeldt wurde in Verden geboren, einer kleinen Stadt bei Bremen. Er kam über ein Praktikum zur lokalen Tageszeitung, studierte anschließend Journalistik in Leipzig, wo er nach seinem Masterabschluss blieb und heute lebt und arbeitet. Er publiziert unter anderem für den Jahr-Verlag in Hamburg im Bereich Sport- und Reisejournalismus sowie als freier Autor für verschiedene Medien. Beim Blumenbar Verlag erschien gerade sein Buch „Deep Web – Die dunkle Seite des Internet“. Das Deep Web ist ein Ort der anonymen Kommunikation, wo man frei und unbeobachtet tun und lassen kann, was man will. Hier tummeln sich Verbrecher, Perverse und radikale Verschwörungstheoretiker. Auf der anderen Seite bietet Verschlüsselungssoftware Schutz vor der Ausspähung durch Geheimdienste, Datenhändler und Konzerne, und sie gibt etwa Oppositionellen in totalitären Regimes Möglichkeiten zur Interaktion. Ein zweischneidiges Schwert, über das Krützfeldt in seinem Buch anschaulich berichtet.
02.05.2014, Berlin. Willkommen in der Parallelwelt von Alexander Krützfeldt. Jenseits des uns bekannten Internets existiert ein gewaltiger Datenstrom, hundertfach größer als alles was wir kennen. Für normale User sind diese Bereiche des globalen Netzes unerreichbar, doch mit etwas Mühe kann im Prinzip jeder ins Deep Web abtauchen. Krützfeldt hat es getan und ein Buch über das geschrieben, was er dort unten vorgefunden hat. Wir treffen den Autor in einem Café im Herzen von Kreuzberg. Gestern tobte hier noch eine Party, es war der erste Mai. Heute essen die Gäste vegane Süppchen und Flammkuchen, ein DJ legt für die Uhrzeit etwas zu laut Musik auf.
Herr Krützfeldt, Sie haben ein Buch über die digitale Parallelwelt des Deep Web geschrieben. Warum verbergen Sie sich auf dem Cover hinter dem Pseudonym „Anonymous“? Drohte Ihnen aufgrund Ihrer Recherchen ernsthafte Gefahr?
Alexander Krützfeldt: Es war von Anfang an klar, dass ich für dieses Vorhaben ziemlich tief in die Materie eintauchen muss. Es ging um „Silk Road“, den digitalen Marktplatz für illegale Waren und Dienstleistungen. Das war mir zu heiß. Ich stand vor der Frage, ob ich in Ruhe arbeiten kann oder ob ich am Ende mit meinem Namen gerade stehen muss. Der Verlag wollte, dass ich tief schürfe, die Leute zur Rede stelle – und als Sicherheitsvorkehrung habe ich mich dann dafür entschieden.
Ist im Zuge Ihrer Recherche zum Deep Web schließlich etwas passiert, was diese Vorsichtsmaßnahmen und die Anonymität gerechtfertigt hätten?
Bis zur Hälfte war es eine gute Entscheidung, denn als ich den „Silk-Road“-Aspekt aufgearbeitet habe, hatte ich den Kopf frei und musste mir keine Sorgen machen, ob ich in der nächsten Verlagsvorschau mit meinem Namen in der Öffentlichkeit stehe. Jetzt sehe ich die Situation entspannter, deshalb trete ich in den Interviews mit meinem eigenen Namen auf. Zum Thema passt es dennoch, es geht eben auch um Anonymität. Der Autor bleibt zunächst anonym, jetzt ist die Arbeit vorbei und er tritt ins Licht.