Albrecht Schuch
„Die Gefahr, ein Arschloch zu werden, war da.“
Zur Person
Albrecht Schuch (geboren am 21. August 1985 in Jena) absolvierte bis 2010 eine Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Theater im Leipzig, gehörte danach dem Ensemble des Berliner Maxim-Gorki-Theaters an und wurde 2012 durch die Rolle des Humboldt in „Die Vermessung der Erde“ auch Kinobesuchern bekannt. In der Folge verkörperte er häufig extreme Charaktere in großen Film- und TV-Produktionen, wie den NSU-Terroristen Uwe Mundlos oder den Investmentbanker Adam Pohl in „Bad Banks“. Für die Darstellung des Sozialarbeiters Micha in „Systemsprenger“ sowie des manipulativen Dealers Reinhold in „Berlin Alexanderplatz“ wurde er 2020 jeweils mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Im Januar 2021 soll „Schachnovelle“ nach Stefan Zweig in den Kinos starten, in dem Schuch den sinistren Gestapo-Leiter Franz-Josef Böhm spielt. Seine Schwester Karoline Schuch ist ebenfalls Schauspielerin.
6. November 2020, Berlin. Albrecht Schuch steht trotz Kälte gelassen vor dem Café an der Ecke. Sein Vintage-Rennrad hat er an ein Geländer angeschlossen. Zum Interview hat er Käsekuchen mitgebracht, bereits in zwei Hälften geteilt. Einen Spaziergang wollen wir machen, durch den Viktoriapark in Kreuzberg. „Es könnte ein bisschen zickzack gehen, ich bevorzuge die kleineren Wege“, sagt er. Später wird er tatsächlich mal quer über eine Wiese durchs Herbstlaub stapfen. Oben an einem Aussichtspunkt dreht er sich eine dünne Zigarette, die er mehrfach mit einem Papp-Streichholz aus einem Briefchen entzünden muss. Er hört aufmerksam zu, lächelt viel, überlegt auch länger, bevor er antwortet, um die passenden Wörter zu finden. Zum Abschluss bietet er an, für weitere Fragen noch zu telefonieren. Den vereinbarten Termin dafür notiert er in ein Notizbuch.
Herr Schuch, es heißt, Sie bereiten sich mitunter auf Interviews und Interviewer vor. Heute auch?
Nein, leider nicht, ich war gerade für Dreharbeiten zwei Monate in Italien am Lago d’Orta und bin gerade erst zurückgekommen. Wenn ich die Zeit und Muße finde, versuche ich tatsächlich, mich auf Interviews vorzubereiten. Damit es ein Gespräch wird – und nichts Einseitiges. Auch, wenn ich für die Vorbereitung auf bestimmte Rollen verschiedensten Menschen gegenübersitze, sage ich: „Hey, lasst uns das Gespräch gleichberechtigt bestreiten, Sie dürfen auch mich alles fragen.“ Ich will nicht das schale Gefühl hinterlassen, als hätte ich sie ausgenommen oder ausgesaugt.
Sie sagen, die Vorbereitung sei das Schönste am Beruf. Warum?
Sie ist mit das Schönste, ja. Weil ich dabei meinen Horizont erweitere, Leute und Themen kennenlerne – und zwar ganz unmittelbar, nicht nur aus dem Internet oder aus der Bibliothek. Es würde mir nicht reichen, nur aus mir selbst zu schöpfen. Deswegen treffe ich mich mit interessanten Menschen, mit Investmentbankern oder Neonazi-Aussteigern.