Berlinale 2025

Swinton, Seelen und gar nicht mal so wenige Stars

Swinton, Seelen und gar nicht mal so wenige Stars
Foto: © Berlinale

„Sie besitzen einfach eine außergewöhnlich schöne Seele“, hat Laudator Edward Berger (Regisseur von „Im Wesen nichts Neues“ und „Konklave“) bei der Verleihung des Goldenen Ehrenbären zu und über Tilda Swinton gesagt. Die wiederum bedankte sich mit einer Lobeshymne auf das Kino, das „ein grenzenloses Reich ist, von Haus aus inklusiv, immun gegen Okkupation, Kolonisation, Übernahme, Besitzergreifung oder die Umwandlung in ein Riviera-Resort.“ So wie sich das Donald Trump für den Gaza-Streifen vorstellt, wenn die derzeitigen Bewohner erst mal ins arabische Umland umgesiedelt wurden. So ist sie, die Swinton, wortgewandt, politisch, intelligent, kämpferisch, charmant und romantisch – in diesem Fall was das Kino betrifft – zugleich.

Die Berlinale wäre für sie „ein Zuhause“ betonte sie auf Deutsch in ihrer Dankesrede. Swinton kam das erste Mal 1986 im Tross zu Derek Jarmans Künstler-Drama „Caravaggio“. 1988 bekam sie mit dem Teddy für ihre Darstellung in Jarman „The Last of England“ ihren ersten Filmpreis überhaupt, wobei der Teddy selbst auch erst zwei Jahre alt war. Innerhalb von 39 Jahren wurde sie für 26 Filme zum Filmfest eingeladen, darunter „The Beach“ (2000), „Grand Budapest Hotel“ (2014) und „The Souvenir“ (2019), in dem ihre Tochter Honor Swinton Byrne ihr Debüt auf der Leinwand gibt.

Tilda Swinton hat aber nicht nur eine schöne Seele, sie ist auch ein guter Geist, was ausnahmsweise mal nicht auf ihr alters- und geschlechtsloses, außer- und überirdisches Aussehen bezogen sei, sondern darauf, dass sie nicht einfach ihren Ehrenbären einpackt und umgehend nach Schottland verschwindet. Vielmehr sieht man sie hier und dort in Kinos auftauchen. Mal mit ihrem Lieblingsfilm im Gepäck, Peter Wollens „Friendship’s Death“ mit ihr als friedensstiftendem Alien im Nahen Osten aus dem Jahr 1987. Ein anderes Mal, um zusammen mit Regisseur und Oscargewinner Josua Oppenheimer „The End“ (Start: 27.3.), das Musical über eine dysfunktionale Familie, vorzustellen.

Aber Swinton ist nicht die Einzige, die über die Berlinale flittert. Täglich laufen bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler in hübschen, meist für den Anlass geliehenen Designer-Klamotten über den roten Teppich. Jessica Chastain ist für das sehr düstere Migranten-Drama „Dreams“ an die Spree gereist, wenn auch nur für ein paar Stunden. Vicky Krieps und „Sex Education“-Star Emma Mackey stellen das Psychodrama „Hot Milk“ vor. Beide Filme laufen im Wettbewerb. Timothée Chalamets Auftritt am Potsdamer Platz für die Deutschland-Premiere der achtfach Oscar-nominierten Film-Biografie „Like a Complete Unknown“ über Bob Dylan hat für Aufruhr gesorgt. Doch lediglich Robert Pattinson hat es geschafft, so wie einst Leonardo DiCaprio („The Beach“), Shah Rukh Khan („My Name Is Khan“, 2010) und immer wieder George Clooney, den Potsdamer Platz zur hormonellen Ausnahmezone zu machen. In der hintergründigen Sci-Fi-Komödie „Mickey 17“ gibt es ihn sogar im Doppelpack und zum Ausdrucken. Der Film des südkoreanischen Regisseurs Bong Joon-ho ist nicht weniger originell und satirisch bis ins kleinste Detail als sein Oscar-prämierter Vorgänger „Parasite“. Dafür aber um Längen turbulenter, aufwändiger und in entscheidenden Rollen zudem mit Steven Yeun, Toni Colette und Mark Ruffalo besetzt.

Erwartet werden in den nächsten Tagen übrigens noch Ethan Hawke, Margret Qualley und Andrew Scott für Richard Linklaters Psycho-Musical „Blue Moon“. Marion Cotillard, die als Schneekönigin in „La Tour de Glace“ in Berlin auf passend eisige Temperaturen trifft. Benedict Cumberbatch, der einen trauernden Vater in Dylan Southerns Drama „The Thing With Feathers“ spielt. Und Rose Byrne kommt nach Berlin, weil sie eine Mutter am Rande des Nervenzusammenbruchs in Mary Bronsteins „If I Had Legs I’d Kick You“ mimt.

Edda Bauer