DVD & Blu-ray
08.04. | Heimkinostarts der Woche
· 8. AprilJESUS ROLLS
EuroVideo • 08. April
Der lakonisch-lässige Geist der Coen-Brüder weht nur ganz leicht durch "Jesus Rolls", auch wenn im Zentrum der frisch aus dem Knast entlassene Jesus Quintana steht. Gemeinsam mit seinem Kumpel Petey lässt er sich gleich auf die nächsten krummen Dinger ein – und befindet sich bald auf einem wilden Roadtrip wider Willen. Vom Tonfall ist John Turturros Regiearbeit näher an der französischen Vorlage "Die Ausgebufften", ziemlich albern, ein bisschen derb und vor allem temporeich. Echtes Kultpotenzial entwickelt der Film dabei trotz Gipsy Kings-Cameo nicht unbedingt, aber das hochkarätige Ensemble aus Bobby Cannavale, Susan Sarandon, Audrey Tautou, Christopher Walken und Jon Hamm macht die Sache sehenswert. Und Jesus selbst ist auch als Protagonist jenseits der Bowling-Bahn eine ziemlich schräge Nummer.
Das Interview mit Jesus Rolls-Star John Turturro lesen Sie am Ende des Artikels!
THE UNDOING
Warner • 08. April
Nicole Kidman und Hugh Grant – zwei Filmstars, die sich gerne mal mit dem Vorwurf der Ausdrucksarmut konfrontiert sehen. In dieser opulent produzierten HBO-Miniserie verarbeiten die beiden diesen Stempel zu großem Kino. Als erfolgreiche Therapeutin und Milliardärstochter lebt Grace Fraser (Nicole Kidman) ein Traumleben in Manhattans Upper East Side, bis eine junge Frau aus dem Umfeld der Privatschule des Sohnes brutal ermordet wird und Gatte Jonathan (Hugh Grant) plötzlich verschwindet. Regisseurin Susanne Bier ("Big Little Lies") legt mit filmischen Mitteln immer neue Fährten und lässt die Eigenheiten der Starbesetzung (auch Donald Sutherland ist mit von der Partie) ihr Übriges tun, um Spannung und Verblüffung in diesem sechsteiligen Whodunit hochzuhalten. Abgesehen davon, dass der Plot auch in Spielfilmlänge funktioniert hätte, bietet "The Undoing" ein außergewöhnliches und optisch durchdachtes Serienerlebnis über Privilegien, den schönen Schein und die Frage: Wie gut kennt man seine Nächsten?
Lars Backhaus
Lebowskis Konkurrent bowlt wieder
Mitte der Achtziger startete John Turturro in Filmen von Martin Scorsese oder Spike Lee durch, 1991 wurde er für » Barton Fink « von den Coen-Brüdern in Cannes ausgezeichnet. Auch in deren Kultfilm "The Big Lebowski" war er später mit von der Partie – und gönnt nun dem von ihm gespielten Jesus Quintana eine eigens inszenierte Fortsetzung.
Mr. Turturro, "The Big Lebowski" kam 1998
in die Kinos. Wann merkten Sie, dass der
Film ein echtes Phänomen wird?
Definitiv nicht von Anfang an, denn vor allem
in den USA war er erst mal kein großer Hit.
Auch ich selbst habe beim ersten Sehen – abgesehen
von Jeff Bridges’ Brillanz – noch nicht
realisiert, wie großartig der Film ist. Das dämmerte
mir erst, als ich ihn etliche Jahre später
zusammen mit meinem ältesten Sohn im Kino
sah. Da konnten die Leute um uns herum die
Dialoge auswendig mitsprechen. Und dann
gab es plötzlich Fan-Events wie das "Lebowski
Fest". Spätestens da war auch mir klar: Dieser
Film ist Kult. Und heute weiß ich, dass er
immer noch lustiger wird, wie ich neulich erst
wieder feststellen konnte.
Und irgendwann kam Ihnen die Idee, dass
Ihre Figur Jesus Quintana einen eigenen
Film verdient hätte?
Es waren eher andere, die immer wieder
danach fragten, weil sie mehr von diesem
schrägen Vogel sehen wollten. Eigentlich ist
meine Rolle in » The Big Lebowski « ja verdammt
klein. Sie basierte auf einer Figur, die
ich auf der Theaterbühne gespielt hatte, was
die Coen-Brüder gesehen hatten und mochten.
Dennoch komme ich im Film bei genauerem
Hinsehen kaum vor. Wirklich überzeugt davon,
Jesus zum Protagonisten eines anderen
Films zu machen war ich erst, als mir die Idee
kam, Bertrand Bliers » Die Ausgebufften « zur
Grundlage zu nehmen. Denn dessen naive,
nicht ganz helle Protagonisten, die einfach
nicht erwachsen werden wollen, erinnerten
mich an Jesus.
Mussten Sie die Coens davon überzeugen,
"Jesus Rolls" drehen zu dürfen?
Klar, aber sie fanden meine Idee so verrückt,
dass sie meinten, dass es funktionieren könnte.
Dass ich mir quasi die Rolle, die sie damals mir
geklaut hatten, nun zurückklaute, um sie in
ein Remake einer französischen Komödie aus
den Siebzigern zu stecken, gefiel ihnen. Und sie
halfen mir dann, die Rechte an Jesus Quintana
zu bekommen, denn die Figur gehörte offiziell
dem Studio, das den Coen-Film damals in die
Kinos gebracht hatte. Blier gefiel meine Idee
übrigens auch. Zumindest war er sehr angetan
von "Jesus Rolls".
Gibt es noch andere Figuren in Ihrer Filmografie,
die Sie gerne noch einmal spielen
würden?
Meine Rolle in der Serie "The Night Of – Die
Wahrheit einer Nacht" habe ich sehr geliebt.
Da sollte es eigentlich eine zweite Staffel geben,
auf die ich mich sehr gefreut habe. Aber Steve
Zaillian und Richard Price konnten sich dann
leider nicht über eine geeignete Geschichte
verständigen. Ansonsten habe ich kaum das
Bedürfnis, zu früheren Rollen zurückzukehren.
Natürlich gibt es manchmal Situationen,
in denen man wirklich viel Spaß mit einer
Figur hat, aber kaum Raum hat, sich wirklich
auszutoben. Doch es ist eher die Ausnahme,
dass man dann wie im Fall von Jesus daraus
wirklich einen ganzen Film machen sollte.
Wonach entscheiden Sie, wann Sie selbst auch
hinter der Kamera stehen und Regie führen
wollen?
Gleich für meinen ersten eigenen Film "Mac"
wurde ich 1992 in Cannes ausgezeichnet, weswegen
dann allerlei andere Regie-Angebote
eintrudelten. Doch ich habe schnell gemerkt,
dass ich keine Lust habe, Auftragsregisseur zu
sein und anderer Leute Geschichten zu erzählen.
Ich inszeniere nur Geschichten, die ich
liebe und zu denen ich vor allem einen persönlichen
Bezug habe. Das gilt für Spielfilme wie
"Romance & Cigarettes", für den meine Eltern
die Inspiration waren, genauso wie für Dokumentationen
über Neapel.
Als Schauspieler sind Sie unter anderem im
neuen "Batman"-Film zu sehen. Können Sie
schon etwas darüber verraten?
Ich kann verraten, dass der Film atemberaubend
aussehen wird. Unser Regisseur Matt
Reeves hat Beachtliches geleistet, es war eine
Freude, mit ihm zu drehen. Aber darüber hinaus
sind meine Lippen versiegelt. Anderenfalls
gibt es richtig Ärger, wurde mir gesagt.
Interview: Patrick Heidmann
Foto: Eurovideo Medien
Patrick Heidmann, Lars Backhaus